Freitag, 28. Dezember 2012

Weinrallye #58: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft - es gibt Rotweinfondue!

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft - ein schönes Motto, das der Winzerblog in Gestalt von Thomas Lippert da vor Weihnachten in die Runde warf.
Wein verschenken, bekommen, probieren, trinken, verbloggen.

Rechtzeitig vor dem Fest kam "unsere" Flasche aus Österreich, genauer gesagt, aus dem Burgenland.

Rotwein. Blaufränkisch. Ich bin ja eher Weißweintrinkerin, Lars ist da nicht ganz so farbenblind.
Also Rotwein. Super! Wir wollten längst mal wieder Rotweinfondue machen!




Liebe Leser, Ihr könnt die Schnappatmung jetzt wieder einstellen, kuckuck, das war ein Sche-herz, jedenfalls fast. NATÜRLICH mache ich aus einem 2009er Leithaberg vom Mörbischer Goldberg aus dem Burgenland von Bernhard Fiedler keinen Glühwein, kein Rotweingelee und keinen Fonduefond. Liebe Kinder, diesen Scherz bitte nicht nachmachen, jedenfalls, wenn es um Bordeaux und die Cheffin von Leo geht ... also, alles gut.

Rotweinfondue stand aber tatsächlich schon länger auf dem Plan.
Ich kannte bis vor einiger Zeit Käsefondue, Fondue bourguignonne, Fondue chinoise, meinetwegen noch den Mongolischen Feuertopf.
Rotweinfondue, davon erzählte der Hospitant zum ersten Mal.
"Rotwein mit einem Laubeerblatt und einem Timiandusk. Dazu leicht geräucherte Hamburgerrücken in dünnen Scheiben ohne Fettrand und fehlerfrei."

Ja, ich fand das genau so absurd wie Ihr. Bis ich es Weihnachten vor einem Jahr in Fredensberg serviert bekam. Ein bisschen Brot, ein paar Sößchen, etwas Salat, Leute, das ist lecker!

Und darum war es jetzt Zeit für Rotweinfondue. Zu meiner Ehrenrettung: Wir haben einen anständigen, stoffigen 2010 Corbières besorgt, einen Wein, den man absolut auch einfach nur trinken, aber eben auch für den Fond für ein Rotweinfondue verwenden kann, ohne Schnappatmung zu kriegen.

Dazu Lorbeerblatt, Thymian und Rosmarin.
Gepökelter, leicht geräucherter Schweinelachs (also rohes Kasseler).
Sowie die Fonduesauce, deren Rezeptur fernmündlich just in time übermittelt wurde.

200g Crème fraîche (Original: Saure Sahne 18% Fett)
1/2 Teelöffel Dijonsenf
evtl. 1/2 Teelöffel geriebene rohe Zwiebel
Salz, Pfeffer
50 ml Mayonnaise

Ich nahm weniger Mayo und keine rohe Zwiebel (brrrrrr), dafür mehr vomm göttlichen Bratar-Dijonsenf, Mélange blanc und einen guten Spritzer Zitronensaft.



An die Waffen Gabeln!

Ein Pfund Kassler später waren wir satt, der Wein alle, alle glücklich, rotweinselig und zufrieden.

Und jetzt kommt die zweite Ehrenrettung: NATÜRLICH, liebe Leser, haben wir den Wein nicht erst zu dieser Gewürzbombe geöffnet und probiert, sondern schon am Vorabend.
Was glaubt Ihr denn!




2009
Leithaberg
vom Mörbischer Goldberg
Burgenland
Grenzhof Fiedler
13,5% 

In der Nase pfefferig, saftige rote Pflaume, rote Beeren, kühle Mineralik. Leder, zartsüßlich, Zimtblüte, Walderdbeere, sehr konzentriert, feine Graphitnoten.

Auf der Zunge stoffig, mit viel Biss. Süßliche, reife Frucht, festes, straffes Tannin. Viel Spannung, Kräutertöne, Tannenhonig, gute Länge.

Was isst man dazu? Wildgeflügel, Fasan, Reh, vielleicht auch ein Rehwellington mit feiner Duxelles.

In jedem Fall ein fester, packender Wein, kein vordergründiger Schmeichler.

Mit mehr Luft wird er "waldiger", Noten von Wildleder und Unterholz kommen durch.

Tag 2.

Sehr viel kakaoiger in der Nase, der Alkohol - 13,5% - deutlicher im Vordergrund. Der Wein wirkt mineralischer, aber nicht mehr so harmonisch wie am ersten Tag.

Und, surprise, surprise, er steckt den Rotweinfond und das Kassler Fleisch und die Senfsauce echt gut weg. Fein!

Alles in allem - ein wunderbarer Wein, der einer eingefleischten Weißweintrinkerin und einem Gelegenheitsrotweintrinker zwei schöne Abende beschert hat. Wenn es den noch gibt - kaufen! Trinken!

Und: DANKE!!!



Montag, 24. Dezember 2012

Entlich Weihnachten!

“…. Grauenhaftes Fest! Wenn’s nur erst vorbei wäre. Weihnachten liegt mir nicht. Ich kann niemanden leiden, und mich kann auch niemand leiden.”
(Dagobert Duck)

Ja, es ist so weit – nein, nein, noch ist es nicht wirklich Weihnachten bei uns – aber Dagobert Duck hat inzwischen das Rentenalter erreicht. Was natürlich nicht heißt, dass er sich zur Ruhe setzt! Und nicht nur, weil er dann Abstriche in Kauf nehmen müsste ... Die Figur des Dagobert Duck ist angelehnt an den Geizkragen Ebenezer Scrooge in der Weihnachtserzählung von Charles Dickens, es war der Zeichner Carl Barks, der diese Figur weltberühmt machte. Die ganze Geschichte kann man hier nachlesen.

Warum ich das ausgerechnet heute erzähle? Weil ich mich daran erinnere, dass es in meiner Kindheit nachmittags am 24. Dezember Comics aus Entenhausen zu lesen gab. Mein Vater dachte, dass die Zeit bis zum Abend (und bis zur Bescherung) schneller verginge, wenn er uns Kindern etwas zu lesen gab. Da lag er leider gründlich daneben.

Ich war mir nämlich immer ganz, ganz sicher, dass ich um drei Uhr angefangen habe zu lesen. Und vier Geschichten später habe ich auf die Uhr geschaut - und ich schwöre, es war immer noch drei Uhr!

Und was sagt uns das? Erstens, dass der Begriff  „zeitlose Geschichten“ nicht ohne Grund  ENTstanden ist, und zweitens, dass Newtons Definition „Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung auf irgendeinen äußeren Gegenstand.“ (Isaac Newton: Mathematische Prinzipien der Naturlehre. London 1687)“ nicht stimmen kann. Sie wurde nebenbei auch im Jahre 1905 mit der Entdeckung der Relativitätstheorie durch einen Kollegen von Daniel Düsentrieb korrigiert.

Wie im Flug vergeht die Zeit aber mit diesem Wein, mit dem wir heute Abend anstoßen werden:




2010
Bouvet Ladubay
Saphir Vintage
Brut 



Hell strohgelb im Glas. Sehr feines Mousseux. 

In der Nase Anklänge von Kernobst, Birnen und Äpfeln, zart nussig, hefig. 
 
Auf der Zunge trockene Kernobstfrucht, aber auch ein Touch Zitrus, frisch, Noten von geröstetem hefigen Brioche. Relativ komplex, mit einem knackigen Abgang.






 

Ein hervorragender Wein mit einem unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis  - und jetzt warten wir noch ein bisschen.


Ich wünsche Euch allen eine reiche Bescherung!
Viele Grüße

Lars

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Adventskalender 180° 2012 : Donnerstag, der 13.

Ich bin nicht abergläubisch. Ich besitze eine schwarze Katze, ob die mir nun von rechts nach links oder umgekehrt über den Weg läuft, ist mir grad egal. Ich gehe unter Leitern durch, ich wasche „zwischen den Jahren“ Wäsche und ich kriege keine Schnappatmung, wenn ein Spiegel in Scherben zerspringt. Ich habe also kein Problem mit  dem 13. Und eigentlich hätte ich mein Türchen ja sowieso am Freitag, dem 14., öffnen sollen. Und das ist ja nun sowieso so gar kein Unglückstag!
Außerdem bin ich Optimistin. Muss ich auch sein, weil der Hospitant ab und zu mal den Pessimisten gibt.
Aber dann rief Cordula um Hilfe, sie wollte den Donnerstag loswerden - Frauentausch bzw. Türchentausch, sozusagen. 180° hat nämlich, wie alle Jahre wieder, zum Adventskalenderbloggen aufgerufen. Und da sind wir dabei! Also, kein Problem. Ich habe mit Donnerstagen, die auf einen 13. fallen, kein Problem. Eigentlich. Sind ja keine Unglückstage. Eigentlich.



Wenn man sich als Jungwinzer (bitte keine abfälligen Bemerkungen, am Mittelrhein ist man das bis Mitte 60) versuchen will, kommt man um eine gewisse Grundausstattung nicht herum. Tanks. Ein Keller. Eine Kelter. Pumpe, Schläuche, Lesekisten … und, wenn die Weinberge leider 35 Kilometer und eine Fähre entfernt liegen, ein Transportmittel, das NICHT Bus und Bahn heißt. Als Sonntagskind fällt mir all das natürlich in den Schoß (hust).
Ein befreundeter Winzer lieh uns seine Infrastruktur, inklusive eines alten, verbeulten, blauen Mercedes Transporters. Mit dem juckelten wir im Morgengrauen rheinabwärts und in der Abendsonne wieder rheinaufwärts.

Bis zu jenem Donnerstagmorgen. Einem 13. Natürlich. Während der Ernte. Der Hospitant öffnete die Fahrertür, erstarrte, drehte sich zu mir um: “Wo ist der Schlüssel???”. Ich: “Steckt. Wie immer.” (Wir leben ECHT auf dem Land.) Lars: “Nein!” Ich: “Doch!”. Tatsache. Kein Schlüssel. Und nun sucht mal auf einem Winzerhof mit Kopfsteinpflaster, Blumenkübeln, Rasenflächen, … einen einzelnen Schlüssel, den ein Witzbold abgezogen und versteckt hat.
Wir haben eine halbe Stunde gesucht. Dann zuckte der Pessimist mit den Schultern und konstatierte: “Ernte für dieses Jahr beendet!”. Ich : “Nein!”. 


Mein Auto rückwärts in den Hof gefahren, Rückbank umgelegt, Lesekisten reingestapelt. 15 Stück. Dann war das Auto VOLL. Richtung Mittelrhein gejuckelt, gelesen … und, was soll ich Euch sagen? 15 randvolle Lesekisten ist genau die Menge, die zwei Leute an einem Tag im Steilhang ernten können. Ich fahre übrigens einen VW Fox.

 
Donnerstage, die auf einen 13. fallen, sind keine Unglückstage, sondern machen das Leben nur ein bisschen spannender.

Es sind die Tage, an denen den Schüssel in der Haustür abbricht, man das Schloss ausbaut und das stecken gebliebene Stück mit einer Rouladennadel rausgeprokelt bekommt und das Schloss einfach wieder einbaut. Oder auf glatten Treppenstufen das letzte Drittel abwärts segelt, den Inhalt des Biomülleimers gleichmäßig im Hausflur verteilt, sich aber noch nicht mal nen blauen Fleck geschweige denn Beinbruch zuzieht.

Es war ein Dienstag, der 11., als wir kurz davor waren, das Projekt “beiderseits des Rheins” zu beerdigen. Flächen im Rheingau zur Pacht zu finden ist so ungefähr ein Sechser im Lotto ohne Zusatzzahl. Ordentlich bewirtschaftete Flächen sind der Sechser MIT Zusatzzahl. An diesem Dienstag verlor ICH die Nerven und schaltete eine Annonce. Am Donnerstag - dem 13.! - rief jemand an und bot uns einen Wingert an, aber unser AB
schluckte einen Großteil der Nachricht. Der Mann rief am Freitag NOCH EINMAL an, und jetzt haben wir unseren Rheingauer Weinberg im Rüdesheimer Magdalenenkreuz. Wunderbar gepflegt. Auf Dauer.
Ich bin ja nicht abergläubisch. Aber einer der beiden Weine aus dieser Lage wird “Drei Kreuze” heißen.


 

An einem Donnerstag, dem 13., stellte sich heraus, dass wir keinen (benötigten) Starkstromanschluss in unserem neuen Keller haben. Mein Pessimist rollte mit den Augen. Abends haben wir Nachbarn ein Gläschen getrunken, da sagte G.: “Ei, der K. von nebenan hat doch Kraftstrom in der Garaasch, da könnt Ihr grad ein Kabel rüberlegen.” Es geht immer nur bergauf, Steillagenwinzer sind das gewohnt, anders wäre es ja auch langweilig.

Und an einem Donnerstag, dem 13., saßen wir in unserem Lieblingsbistro und plauderten mit
Restaurantchef H. über dies und jenes, peinliche Pannen, schreckliche Momente, es schüttelte einen förmlich, das geballte Halbunglück. Wir hatten gerade unsere Weihnachtspläne komplett über den Haufen geworfen (bekommen), irgendwie musste jetzt endlich der Moment erreicht sein, an dem das Desaster kippt.

H. der behauptet, er wisse immer genau, was wir trinken wollen, weil alle Tische mit winzigen Richtmikrophonen ausgestattet seien und er das in der Küche aufs Ohr gespielt bekäme, H. also lächelte diabolisch und brachte uns zwei Gläser.
Dunkelgoldgelb der Inhalt, schwerer Duft, nussig, karamellig, nach getrockeeten Birnen, kandierter Orange und süßlichem Holz. Auf der Zunge überraschend frisch, reife, süße Frucht, Walnusstöne, Waldhonig, wieder kandierten Orangen und Pomeranzen. Animierend, sehr harmonisch, ein sehr reifer Wein mit viel Ausdruck und guter Länge.

H. grinste immer noch diabolisch. Wir mussten raten. Ah-Ja. Blindproben machen demütig. “Kein Riesling?” Daumen hoch. Guter Anfang. Wie lange offen? “Zwei Tage!. Ich: “???”
Und kürze das Drama jetzt ab - im Glas hatten wir 


1953
Moelleux
Le Mont
Vouvray
Domaine Huet

Wären wir nie drauf gekommen, hätten wir nie geordert, hätten wir nie getrunken. Aber an einem Donnerstag, dem 13., passiert sowas. Einzigartig. Sonst wäre es ja auch langweilig! Und dass wir die Flasche dann geleert haben, ist ja wohl selbstverständlich.

Ich bin gespannt, was der heutige Tag noch so bringt. Cheerio, Miss Sophie, me gal.

P.S. Kann man übrigens noch kaufen - z.B. bei Vinaturel.


Freitag, 30. November 2012

Weinrallye: Ein schönes Paar!

Hundertachtziggrad lädt zur Weinrallye, Thema: "Food Pairing". Ha! Da sind wir dabei! Da fällt uns doch soofort, also, welchen Wein, schon klar, den kompliziertesten aus der Kollektion, der am meisten Potential, und dazu kochen wir ...

So fängt das an. Manchmal lohnt es sich aber doch, Texte und Gebrauchtsanweisungen bis zum Ende zu lesen, und zwar nicht erst einen Tag vor Abgabeschluss, wenn man glaubt, die Geschichte völlig easy im Sack zu haben und nur noch schnell runterschreiben und schnell ein paar Bilder einbinden zu müssen. Aber dazu später mehr.

Also, Food Pairing. Wir haben da ja diesen Wein.  
Blauschiefer. Riesling. Alte Reben, Schiefer, Steilhang. Etwas früher gelesen als der Alte Reben, etwas mehr Säure, weigerte sich, durchzugären und blieb im halbtrockenen Bereich stecken. 
VKN? 
"In der Nase intensive Mineralik, Schiefer, reifes Steinobst, Reineclauden, ein bisschen kräutrig, ganz dezent honigsüßliche Noten.
Auf der Zunge saftig, fest, Pfirsich und Reineclaude, schönes Süße-Säure-Spiel, tolle Länge, ein Wein, der jetzt schon mal ein bisschen mit den Muskeln spielt und bestimmt eine tolle Entwicklung durchlaufen wird, wenn er nicht vorher schon ausgetrunken ist."
Unser Liebling, und der Wein, der am meisten unterschätzt wird. 
Also: Was kochen wir dazu?
Ich: So ein bisschen was Nussiges hat er ja auch. 
Lars: Ja, und die Süße schmeckt man gar nicht so sehr. 
Ich: Irgendwas Richtung Vorderer Orient. 
Lars: Ja, aber mit Fleisch. Und mit Säure in der Sauce!
Ich: Ich hab da ne Idee. Superlecker, sieht aber panne aus. Naja, können wir dann ja auch gleich bei Ugly Food posten.
Die Idee: Faisinjan. Ente mit Walnuss-Granatapfelsauce. Göttlich. Geschmacklich. Dazu etwas Halbtrockenes mit Wucht und ohne Holz ... klinggt wie ein gutes Paar.
Faisinjan (oder Fesenjan) ist ein Rezept aus der von mir sehr geliebten persischen Küche. Die Ente wird zerlegt, in Butter angebraten und dann unter Zugabe von Wasser gar geköchelt. Parallel dazu bereitet man die Sauce zu, schwitzt Zwiebelwürfel an, gemahlene Walnüsse, löscht mit Brühe ab, köchelt ein, gibt Granatapfelsaft und Safran dazu, köchelt ein ... ein wunderbares, wärmendes, tröstlich-aromatisches Winteressen, das meilenweit von der breitdeftigen Winterbrumsküche unserer Heimat entfernt ist.

Für zwei nicht übermäßige Esser ist eine Ente eine Herausforderung, wir haben deshalb schöne fleischige Entenbrüste beim Geflügelhändler uV besorgt. 
Und dann geht es ganz einfach so:


Faisanjin für zwei 

2 Entenbrüste à 300g
1 rote Zwiebel
1 Esslöffel Butter oder Entenfett
75 g Walnusskerne, fein gemahlen
200 ml Geflügelfond
ca. 200 ml knalltrockener Riesling
Saft und ein zwei Esslöffel Kerne eines reifen Granatapfels
etwas Himbeeressig
1 Briefchen Safranfäden
Salz, Pfeffer, Zucker, evtl. Limettensaft

Backofen auf 80 Grad vorheizen. Entenbrüste auf der Fettseite rautenförmig einschneiden, die Brüste mit der Fettseite nach unten in eine kalte gusseiserne Pfanne legen, auf kleiner Flamme langsam ausbraten, bis die Fettseite schön braun ist. Wenden, Fleischseite Farbe nehmen lassen, abermals wenden, dann die Pfanne mit den Brüsten für 15-20 Minuten in den Ofen geben. Nach 15 Minuten Druckprobe machen.

In der Zwischenzeit die fein gewürfelte Zwiebel in fett glasig schwitzen, Nüsse dazu, ebenfalls anschwitzen, mit Fond ablöschen, einkochen lassen, Riesling dazu, einkochen lassen, Saft dazu, Safran in etwas heißer Sauce auflösen, zugeben, Salz, Pfeffer, einkochen lassen, abschmecken mit Himbeeressig und Zucker, evtl. noch etwas Limettensaft und so weiter ...
Die Sauce lässt sich gut im Voraus zubereiten! Zum Schluss die Granatäpfelkerne zugeben, ein paar für die Deko zurückbehalten.
Ente aus dem Ofen holen, in Scheiben schneiden, anrichten.

Ok. Das ist bei Ugly Food der Knackpunkt. Entenbrust, fein, aber diese Sauce, die wird auch durch ein paar Granatapfelkerne optisch nicht gerettet, da hilft auch der beigelegte Reis nicht.

Augen zu und durch: Es schmeckt hervorragend. Wirklich!
Das süßliche rosafarbene Entenbrustfleisch, die Röstaromen aus der knusprigen Fettseite, die erdige, nussige Komponente des Sauce mit dem dezenten Säurespitzchen steckt der Riesling locker weg, mehr noch, er unterstützt es und entfaltet seine ganze Wucht und strahlende Mineralität mit diesem herrlichen Gericht als Begleitung - Food-Wine-Pairing mal anders herum.
 

Ist übrigens imho/ioho auch weihnachtsmenütauglich, mit einem kleinen Fischgang davor, davor einem Süppchen, einem Salat als Auftakt und einen schönen Dessert zum Schluss. 

Und die ganzen anderen Fragen beantworten wir morgen. Vielleicht.

Montag, 5. November 2012

Smørrebrød: Æg med rejer

Wie von Christin angekündigt, werde auch ich Heike eins schmieren.
Und als "Träger des schwarzen Gürtels im Smørrebrød schmieren" werde ich eins mit Eiern und Krabben servieren. Relativ einfach zu produzieren, schmeckt aber köstlich.

Dazu braucht man:

Roggenbrot
gesalzene Butter
Ei(er)
Mayonnaise (am besten selbst gemacht)
Grönlandkrabben
Kaviar vom Steinbeißer
eine dünne Scheibe Zitrone
ein bisschen Dill

Brot schmieren, Eier in Scheiben darauf legen, einen dünnen Streifen Mayonnaise seitlich rechts von der Mitte des Brotes platzieren. Die Krabben darauf arrangieren , auf der anderen Seite der Brotscheibe einen Streifen Kaviar anrichten. Als i-Tüpfelchen eine dünne Scheibe Zitrone und ein Zweiglein Dill obendrauf.
Fertig!


Dazu Bier – heute wird es ein (Helles) Augustiner aus München. Am Wochenende geht natürlich
auch ein Schnaps dazu. Ich empfehle hier entweder einen Dill Snaps oder einen mit Kümmel…

(Anmerkung der Übersetzerin: Dieses Smørrebrød [smörrebröll] spricht sich [äg mell reier] aus.)

Butterbrot Event

Schmier Dir das mal ab!

Einfach nur schnell ein Butterbrot schmieren? Nix da! 
Aber Heike will Butterbrot. Soll sie kriegen! Butterbrot, bis der (Tier)Arzt kommt! Und einfach ist hier nix, schmier Dir das mal gleich ab.

Butterbrot, aber dänisches! Die dänischen Butterbrote bzw. Smørrebrøds sind oft richtige kulinarische Kunstwerke, hoch mit Belag betürmt, liebevoll verziert, zu essen nur mit Messer und Gabel. Und sie haben häufig phantasievolle Namen, da gibt es "Sonne über Gudhjem", "Sternschnuppe", "Victor Borge", und das "Abendbrot des Tierarztes" - "Dyrlægens natmad". Und weil der dänische Hospitant mir das als erstes gekocht - naja, geschmiert - hat, war eines der ersten dänischen Wörter, die ich (neben diversen Flüchen) lernte, "Dyrlægen" - Tierarzt.

Roggenbrot, Salzbutter, Leberpastete, Rindersaftschinken, Jus, Zwiebelringe. Fertig.
Allerdings stellt die Zubereitung eines echten dänischen "Dyrlægens natmad" einen hierzuland vor gewisse logistische Herausforderungen. Oder vielmehr Herausforderungen der Beschaffung. Ohne Kriminalität. Und mich damit vor eine der kleinen internen Diskussionen über die Qualität deutscher Lebensmittel im Allgemeinen und Besonderen. Und wir reden noch nicht mal über Fisch, sondern über Roggenbrot, Butter (!), Leberpastete (!!) und Rindersaftschinken (!!!). Wenigstens über Jus und Zwiebeln müssen wir nicht reden.

Roggenbrot ist Roggenbrot und wird geschnitten gekauft. Kein Problem.

Butter. Natürlich Salzbutter. Die französische mit Fleur de sel wird vom Träger des schwarzen Gürtels im Smørrebrød-Machen zähneknirschend als Alternative akzeptiert, die meisten deutschen dagegen nicht. 

Leverpostej. Leberpastete. Hat nur wenig mit dem zu tun, was man hier unter diesem Namen kaufen kann. Gibt es in dänischen Metzgereien und Supermärkten in kleinen Aluschälchen, wird gerne noch ofenwarm gekauft und bedarfsweise zu Hause noch mal aufgewärmt. Etwas körnige, grobe Konsistenz, fester als Leberwurst. Gibt's hier nicht, also kaufe ich schnittfeste Leberpastete. Schmeckt anders, geht aber durch.


Rindersaftschinken. Ohje. Das Original sieht "Saltkod" vor. Gepökeltes, gekochtes Kalb- oder Rindfleisch. Also Rindersaftschinken, sag ich doch. Nein, Saltkod sei heller. Mir doch wurscht. Rinder_saft_schinken, basta.

Jus. Auf dänisch "sky". Das Wort steht auch für "Wolken". Gelierter Bratensaft. Das kenne ich von den hannöverschen Omabesuchen meiner Kindheit, da gab's das bei jedem Metzger fertig zu kaufen. Und ich habe es ge_liebt. In Dänemark kann man das auch fertig kaufen. Machen wir auch immer und nehmen welches mit nachhause. Schmeckt super. Wenn man nicht versehentlich das mit Pilzen erwischt. ICH hab das nicht in den Einkaufswagen gelegt! In Ermangelung hannöverscher Metzgereien mache ich Jus selbst. Kalbsfond und Gelatine. Fertig.

Und die deutschen Zwiebeln sind genehmigt, uff.




Jetzt wird geschmiert.

Brot, Salzbutter, Leverpostej. Und es beginnt der Glaubenskrieg: Dann erst Sky und dann Saltkod  - leichter zu essen - oder erst Saltkod, dann streifenweise Sky und dann die Zwiebelringe?
Der Hospitant bevorzugt die nutzerfreundliche Version, ich habe für Heike jetzt das "Original" nachgebaut.





Sehr traditionell und sehr gut und sehr bezahlbar kann man Smørrebrød in Kopenhagen bei Ida Davidsen essen. Ein kleines Kellerlokal, eine Institution. Und hier wurde auch Dyrlægens natmad erfunden - der Name rührt von einem Stammkunden, der Abend für Abend das gleiche Smørrebrød bestellte.
Roggenbrot, Salzbutter, Leberpastete, Rindersaftschinken, Jus, Zwiebelringe. Fertig.



Wir hatten beim letzten Mal trotzdem was anderes. "Victor Borge" - Mayonnaise, Lachs, Steinbeißerkaviar - und eines, das der Hospitant hoffentlich morgen noch postet. Und dazu: Bier! Skål!





Butterbrot Event


Sonntag, 7. Oktober 2012

Rot-Weiß-Riesling

Mal wieder: Riesling. Im Rheingau hat jetzt die Hauptlese begonnen. Die ersten Vollernter sind unterwegs, diejenigen Winzer, die per Hand lesen (lassen), stehen in den Startlöchern, etwa Balthasar Ress oder Désirée Eser. Alle lesen nervös die Wetterberichte, bleibt's trocken, wann kommt wieviel Regen, alle Jahre wieder dasselbe Spiel.

Ich lese gerne. Wenn die ersten Trauben mit diesem ganz speziellen "Klonk" in die Eimer fallen, wenn es nach Traubensaft riecht und die Säure einem richtig in der frischen Kratzwunde piekt, wenn man sich durch die Reihen bergauf arbeitet, dann geht es mir gut. Bappige Hände hin, Muskelkater nach dem ersten Tag her.
Ehrensache, auf den Hilferuf der Jungwinzerin von gegenüber auf fb "Suchen noch dringend gutes Lesepersonal für dieses Wochenende!" -"Wir sind dabei!" zu schreiben.

Erster Weinberg: Eine Parzelle von nur sechs Zeilen mitten in einem Wohngebiet. Ringsum wird gebohrt, gekreissägt, gehämmert und gemäht. Ein Samstagvormittag in Deutschland. Und wir mittendrin, mit Scheren, Leseeimern und einem Büttenträger - dem Winzer selbst.
Supergesunde Trauben, nur unten in der Senke und oben in den letzten Stöcken ganz vereinzelt Essignester. Mindestens ordentliche Kabinettqualität, und das in Menge.

Nach einer Stunde geht's weiter, bergauf. Der Hospitant fährt im Unimog mit, ein uriges Gefährt, Jahrgang 60, Maximalgeschwindigkeit 53 kmH. Damit hat Guidos Vater noch Wein ausgefahren, Mitte der 60er, auf der Autobahn runter an den Bodensee, die ganze Familie im Führerhaus zusammen gepfercht.
Alleine für solche Geschichten liebe ich die Weinlese!


Der nächste Wingert hängt auch voll, gepflanzt Ende der 50er. In drei Jahren ist hier Schluss, dann kommt die Flurbereinigung. Hier schrecken wir eine Großfamilie winziger brauner Feldmäuschen auf, die es sich auf den Bogreben gemütlich gemacht hat und panisch flüchtet, als die Scheren immer näher kommen und die schützenden Trauben kappen.

Pause. Dazu fahren wir noch ein Stückchen, dorthin, wo die Neuanlagen sind. Bio-Wingerte neben konventionellen, in manchen steht der Raps höher als die Reben. Schinkenbrötchen, Cola, Weinschorle, ganz so feudal wie beim Wertz ist es nicht, dafür trinken Guido und A. Rotwein-Cola. Rotwein-Cola!? "Jedes Jahr im Herbst!". Aha. Ich gestehe, ich hab es nicht probiert.

Dafür geht es jetzt in dem, Tataa!, Roten Riesling. Vor zwei Jahren nach der Flurbereinigung gepflanzt, 1000 Stöcke. Vollreife, süße, äußerst aromatische Trauben. Roter Riesling, eine traditonelle Sorte, im Rheingau fallen mir spontan nur eine Handvoll Winzer ein, die ihn im Programm haben - darunter Corvers-Kauter und Allendorf. Noch tragen Guidos Stöcke zu wenig, als dass separater Ausbau sich lohnen würde. Aber der Rote ist im Kommen, ein paar Minuten, nachdem ich das Bild auf fb hochgeladen habe, fragt der erste (Rauenthaler) Kollege, wer wo RR stehen hätte - er selbst hat erst vor einem Jahr welchen gesetzt.


Roter Riesling, zweijährige Anlage.


Elf Reihen mit ein, zwei Träubchen pro Stock, auch das geht ratz-fatz. Und als wir auf den Hof rollen, fallen die ersten Tropfen des Regens, der für morgens angekündigt war.

Und weil es wirklich höchste Zeit ist, mal ein bisschen  Fremdwerbung. Den Winzer gegenüber kennt außerhalb von Eltville oder des Rheingau kaum jemand, sieht man von den Stammkunden ab, die Guido mehrmals jährlich mit dem Bussje beliefert.
Dabei hat er einen superguten Literwein zu einem albernen Preis im Programm, kräftig, mit Charakter, bisschen mineralisch, gut, sowohl trocken als halbtrocken, und das alle Jahre wieder. Da kommt vieles, das Rang und Namen hat und für das dreifache über den Thresen geht, nicht ran.
 
Liter für 3,50E, ja, richtig gelesen. Und GUT!
Seine 2002er milde Spätlese, oder auch die 2009er Auslese - einfach gut. Und sein Weinbrand gehört zu den Besten hier im Rheingau.


 
Ist einfach so. Und es gibt ja einen Grund dafür, dass die Flasche leer ist
Also, Weinwanderer, kommst Du nach Martinsthal, ruf vorher bei Paul Keßler Nachfolger bzw. Familie Arnold an, probier die Weine!

(Ne Website gibt es nicht, aber das Oertliche hilft weiter. Und per PN reiche ich auch gerne eine funktionierende E-Mail-Adresse weiter!)

Donnerstag, 30. August 2012

VDP Sneak Preview: Trau, schau, wem ... im Rheingau

Zwei anstrengende Tage in Wiesbaden Anfang der Woche sind vorbei - und die Bloggerscene berichtet. U.a. sehr lesenswert Marcus Vahlefeld. Auch Dirk Würtz hat kommentiert (on the fly und als einer der ersten) ... u. a.: „Einer der häufigsten Sätze, die ich zu hören bekam war: Der Rheingau ist das schlechteste Anbaugebiet von allen”. 

Das stimmt so natürlich so nicht – auch im Durchschnitts-Vergleich. Wenn wir unsere Riesling-Notizen durchgehen - und: Ja, wir haben über die zwei Tage in Wiesbaden alle präsentierten Rieslinge probiert! - schneiden aus unserer Sicht die Pfalz, Baden und Württemberg schlechter ab als der Rheingau. 
Das heißt aber nicht, dass es hier Anlass zu übermäßiger Euphorie gibt, weil der Rheingau, mal wieder, und auch wie im letzten Jahr, qualitätsmäßig sehr heterogen ist. Ein Phänomen, das sich auch (und eher noch stärker) außerhalb der Reihen des VDP beobachten lässt.

Nur: Das ist beispielsweise im Burgund genau so. Hier kritisiert aber keiner (oder nur wenige) in Deutschland, wenn „Grand Cru“ auf der Flasche steht, 50 Euro plus für das Zeug verlangt wird und echter „Schrott“ drin ist. Mit Schrott meinen wir hier eindeutig fehlerhaft – Geschmack hin oder her.

„Schrott“ gab es in Wiesbaden nicht. Im Gegenteil! Weltweit gibt es in unseren Augen kaum ein anderes Land, das in der Lage, ist 360 Weine auf diesem Niveau (und insbesonders auf einer einzigen Veranstaltung), zu präsentieren. Das muss auch mal gesagt werden. Und das alles sensationell professionell, kompetent und außerordentlich freundlich organisiert, auch das muss mal gesagt werden.

Der Jahrgang 2011 aus Deutschland ist schon jetzt viel zugänglicher als 2010, und das betrifft auch den Rheingau. Hier und dort fehlt ein bisschen Substanz und Tiefe, hohe Mostgewichte sind nicht immer eine Garantie für herausragende Qualitäten, und Fäulnis und Essignester waren partiell wirklich ein Problem, Diejenigen Winzer, die sorgfältig gearbeitet haben und ein bisschen später ernten konnten, stehen aber ohne Zweifel mit sehr feinen Kollektionen da. Und die meisten VDP Weingüter haben offenbar sorgfältig gearbeitet ;-).

Graf von Kanitz Kapellenberg (91) und Pfaffenwies beide (91) - beide sehr gut, klar im Stil, guter Schmelz. Berg Roseneck (89) von Allendorf ist leichter, aber auch in sich stimmig. Johannishof brachte eine Hölle (89) und einen Berg Rottland (90) mit, beide harmonisch, klar, saftig. Schloss Schönborn konnte diesmal richtig punkten mit Berg Schlossberg (91), Pfaffenberg (91), Marcobrunn (92), tolle saftige Weine mit viel Länge, und insbesondere der Marcobrunn zeigt Mineralität und Herkunft. Nur der Domdechaney (88) fällt hier heraus.
G.H. von Mumm’sches Weingut steigert sich mit Hölle (89) und Berg Rottland (90) ebenfalls. Die Hessischen Staatsweingüter Kloster Eberbach präsentierten nur einen Wein, den Berg Schlossberg (89), harmonisch und gut gemacht. Kesseler hatte einen Berg Schlossberg (92+) mit viel Druck und elegantem Säurespiel dabei. Wegelers Berg Schlossberg (92) sehen wir auf demselben Niveau, auch hier viel Tiefe und Rückgrat. Friedrich Fendels Klosterlay (88) ist ziemlich süß, der Alkohol ist zwar gut eingebunden, dieser bringt aber auch zusätzliche Süße mit. Schloss Johannisbergs Johannisberger (93) ist sehr komplex, sowohl in der Nase wie auch auf der Zunge und setzt die gute Entwicklung aus den Vorjahren fort. Schloss Vollrads (87) ist relativ eindimensional, ohne Schmelz, ohne Kernigkeit, dabei säurebetont.

Jesuitengarten von Prinz von Hessen (90) ist klar, straight, saftig. Lenchen (91) von August Eser ist sehr klar, ausgewogen gleichzeitig aber mit Struktur und Biss. Das Lenchen von Spreitzer (90+) hat eine rauchige Nase und eine Andeutung von Orangenschalen im saftigen Geschmack. Wisselbrunnen (89) ist auf ähnlichem Niveau, hier fehlt vielleicht ein bisschen tiefgründiger Charakter.
Schönhell (90) vom Barth: Cremig, fast schon glatt, gut balanciert und mit Restsüße ausgestat: stoffig und mit guter Länge. Domdechant Werner’sches Weingut brachte einen  von Botrytis geprägten Domdechaney (87) mit. Kirchenstück (88) ist klarer in der Struktur, aber  auch von viel Alkohol geprägt. Jakob Jungs Siegelsberg (91+) ist ein frischer Wein mit einer feinen Säure, ordentlich Druck und guter Länge. Siegelsberg (88) von Detlev Ritter und Edler von Oettinger hat einen Hauch Flüchtiges in der Nase und ist relativ gefällig. Hier zeigt sich der  Marcobrunn (90) deutlich facettenreicher in der Substanz. Siegelsberg (89) von Schloss Reinhartshausen (89) ist gut, der Schlossberg (90) ein Tick eleganter. Der Langenberg (89) von Diefenhardt ist ein bisschen breit und glatt im Stil. Weingut Toni Jost ist eine Bank, hier mit einem Walkenberg (92+), fett in der Nase, sehr gutem Säurespiel und sehr lang. Der Gräfenberg (93+) von Weil ist noch saftiger und konzentrierter im Geschmack und wie immer sehr “traubig”.

Baron von Knyphausen brachte einen Steinmorgen (89) mit. Rauchige Nase, klar in der Struktur.
Zur Georg Müller Stiftung hatten wir in den vergangenen Jahren ein ambivalentes Verhältnis. Generell kann man aber eine deutliche Qualitätssteigerung verbuchen, die drei mitgebrachten Weine Hassel (89), Nussbrunnen (89) und Schützenhaus (88) waren alle nicht so fokussiert im Bouquet, der Schützenhaus sogar mit einem Hauch Flüchtige. Im Geschmack sind aber alle sehr gut, mit Kraft und Länge, ein guter Ansatz, Weine auf Topniveau zu machen - wenn sie denn ein bisschen weniger Restzucker hätten.
Noch extremer in diese Richtung gehen auch die Weine von Balthasar Ress - hier aber kompromissloser und einfach nur absolut gelungen. Der Berg Schlossberg (93+) ist in der Farbe tiefer als die meisten, Spontinase ohne Ende, feine Säure, kraftvoller Geschmack geprägt von Mannoproteinen, liegen lassen!!! dieser Wein hat viel Potential. Der Nussbrunnen (93) hat tatsächlich einen nussigen Geschmack, auch hier volle Kanne „Sponti“, trocken, saftig, kraftvoll, dabei sehr straight - großartig. Diesen Wein kann man nur lieben oder als “zu schräg” ablehnen - dazwischen gibt es nichts.

Künstler macht Weine, die alle geschliffen und elegant sind, trotzdem komplex, unendlich tief und mit guter Länge. Alles also wie gehabt! Dieses Jahr waren drei dabei. Kirchenstück (92), Berg Rottland (92+) und Hölle (95). Hölle ist damit der Wein, dem wir in Wiesbaden 2012 die meisten Punkte gegeben haben.

Und nun? Quo vadis, Rheingau Riesling?
Sollen alle Produzenten Weil, Künstler oder Ress nachahmen? Auf gar keinem Fall, Vielfalt  kann auch eine Stärke sein.
Und: Wenn Verbraucher auf diesem Niveau kaufen, kaufen sie nicht Anbaugebiet, sondern eher Weine bestimmter Weingüter und damit „Brands“. (Findet Lars).
Abweichende Meinungen: siehe nächster Blogbeitrag ;-).

Wir haben aber (beide) überhaupt kein Probleme damit, dass die Weine von Ress sich stilistisch komplett von vielen anderen abheben. Also eine andere Machart repräsentieren, genauso wie das Weingut von Winning in der Pfalz, dessen Topweine btw dieses Jahr sehr viel weniger holzgeprägt sind wie der Jahrgang 2010.
Unterm Strich heißt das aber trotzdem, dass bei den Großen Gewächsen bzw. Ersten Gewächsen ein gewisses definiertes Qualitätsniveau erreicht werden muss, sonst verliert die Klassifizierung an Glaubwürdigkeit und wird irgendwann ad absurdum geführt.
Und einmal verloren….siehe “Selection“, “DC” und wie sie alle hießen, die wir längst vergessen haben.

Mittwoch, 29. August 2012

Rheingau, was nun?

Auf fb wurde und wird seit Wochen hitzig über den Rheingau und "den" Rheingauer Wein diskutiert. Nicht immer sachlich, bisweilen polemisch, ab und an einfach nur zum Abgewöhnen.

Auf dem Höhepunkt einer leicht aus dem Ruder gelaufenen Debatte haute der Würtz auf den Tisch und lud die willigen Kombattanten für den Vorabend der VDP-Vorabpräsentation nach Hattenheim ein. Klingt super! Wir sind dabei!

Wir sind aber leider auch vergesslich und hätten einen spektakulären Abend mit tollen Weinen und angeregter, aber nicht überhitzter Debatte verpasst.
Haben wir aber nicht, sondern Glück gehabt, und, ebenfalls via fb, auf den letzten Drücker noch mal zugesagt.

Und weil ich vergesslich ... liegt das Notizbuch mit meinen Aufzeichnungen leider im Büro. Dafür habe ich Bilder zu bieten. 


 
Und einen Link zu einer wunderbaren Zusammenfassung.

Und die Erkenntnis, die ich irgendwie auch schon vorher hatte:

Der Rheingau ruht sich teilweise auf seinen Lorbeeren aus.
Der Rheingau hat keine klare Linie, kein unverwechselbares Profil (mehr). 
Der Rheingau verschenkt Potential, wenn in Toplagen beliebige, gefällige Weine produziert werden.
Und vielleicht auch: Die Rheingauer Winzer müssen an einem Strang ziehen, miteinander, statt gegeneinander. Jungwinzerzusammenschlüsse, Think tanks wie Message in a bottle, wo sind sie?
Rheingau, Du hast das Zeug dazu, mach was draus.

Ausführlicher morgen - versprochen!

Sonntag, 12. August 2012

Abrakadabra, dreimal schwarzer Kater!


DreiKeinmal werden wir noch wach, ATs Blog hat Geburtstag, und wir brauchen ein, nein drei Geschenke, und das an einem Sonntag!

Da muss jetzt mal schnell gezaubert werden, mit Formel und gesenktem Blick und geballter Faust, ein bisschen Wein, Luft und schwarzes Katzenhaar (nur für Dich, P. verschonen wir damit), und - abrakadabra...

Dreierlei von Wein, Wissen und Wunderbarem.

Wenn ein Winzer in alten Zeiten, also in den Zeiten vor kühl- oder wärmegesteuerter Gärung, vor Mostkonzentration (dafür aber schlimmstenfalls mit Nassverbesserung) oder (Achtung! Teufelszeug!) gar Reinzuchthefe, wenn er also wissen wollte, in welchem seiner großen Holzfässer im tiefen Keller der beste Wein lag, dann .... holte er die Hauskatze oder den Hauskater. Ließ ihn nicht aus dem Sack, aber wohl in den Keller, wo er es sich nach erfolgreicher Mäusejagd auf eben jenem Fass bequem machte, in dem der Wein am heftigsten gärte und das Holz katzengemütlich erwärmte. Möglichst hohe Alkoholausbeute war in Zeiten lausiger Mostgewichte durchaus ein Qualitätsmerkmal: Große Mengen, dünne Moste, leichte Weinchen eher die Regel als die Ausnahme.

Die Geschichte mit dem Kater ist nicht verbrieft, wohl aber überliefert, und so soll auch die (Groß)Lagenbezeichnung "Zeller schwarze Katz" entstanden sein. 

Nun besitzen wir bekanntlich (noch) keinen alten Holzfasskeller, wohl aber einen schwarzen Kater.

Wenn wir den vor einem dreiviertel Jahr in den Keller zu unseren Edelstahltanks gelassen hätten, wäre er ziemlich sicher auf den schlanken 300-Liter-Tank gesprungen, in dem unser Kabinett blubberte. Ein Riesling aus dem Wallufer Berg Bildstock, zugekaufte Trauben, die wir auf gar keinen Fall mit dem Vollernter holen lassen wollten. Stattdessen sind wir am ersten Oktoberwochenende bei strahlendem Sonnenschein mit Freunden durch die Reihen gegangen, haben gelesen, sortiert, viel, was uns nicht gut genug erschien, hängen gelassen ... und so gerade mal 1000 Kilo Trauben aus knapp 0,4 ha Weinberg geerntet.

Daraus wurden dann 300 Liter restsüße Spätlese, 25 Liter TBA und eben unser bildschöner Kabinettwein. Eigentlich war er als trockener Einstiegswein gedacht, aber Weine haben, genau wie Katzen, ihren eigenen Kopf, und bei 11 Gramm Restzucker wollte er einfach nicht mehr. Und dann haben wir ihn eben so gelassen, weil wir unsere Weine im Weinberg erzeugen und nicht im Keller zurechttrimmen wollen.
Bei ersten Abstich breitete sich eine Wolke von Cassisduft im Keller aus, und diesen Ton, zarter, aber durchaus wahrnehmbar, hat der Wein heute, auf den Tag genau drei Monate nach dem Füllen, auch.

2011
Bildschön
Wallufer Berg Bildstock
Riesling Kabinett feinherb
11%

In der Nase Cassis und reife Aprikosenfrucht, weiße Blüten, Veilchen, zarte Mineralik.
Auf der Zunge frisch und leicht, eher trockene Frucht, Aprikose, Birne, mineralische Töne, mundausfüllend, ein schlanker, bleibender Eindruck.
Unser kleinster Einstiegswein auf sehr ordentlichem Niveau.

Zum Zweiten ... wo immer wir in unseren Weinbergen am Mittelrhein über Lochsteine stolpern, sammeln wir sie auf. Lochsteine, das sind Schieferplatten mit, richtig, einem Loch, selten auch einmal mit zweien. Wie kommt das Loch in den Stein? Steter Tropfen war es jedenfalls nicht ... In alten Zeiten war Weinbergsarbeit vor allem Plackerei. In den steilen steinigen Hängen musste alles zu Fuß und mit der Hand gemacht werden. Bodenbearbeitung - eine schweißtreibende Arbeit. Mit der Karst, einer Art zweizinkigen Hacke, wurde der schiefrige Boden gelockert, umgebrochen, das wuchernde Unkraut in Schach gehalten.
Traf eine Zinke (oder eben zwei) dabei auf eine Schieferplatte, zerbrach das weiche Gestein nicht, sondern gab nach. Je mehr Lochsteine sich also in einem Weinberg finden lassen, desto fleißiger waren unsere Vorfahren - bzw. die der Winzer - bei der Bodenbearbeitung.
Die meisten Lochsteine haben wir im vergangenen Herbst in der kleineren, nördlicheren Parzelle im Fürstenberg gefunden. Dort wächst - natürlich - Riesling, genau wie in der benachbarten Parzelle mit Einzelstockerziehung, dort finden sich aber ganz vereinzelt auch ein paar Silvanerstöcke. Die Trauben für unseren Blauschiefer wurden Mitte Oktober gelesen, wieder sorgsam selektioniert und schonend gepresst - 600 Kilo Trauben in einer 3000-Liter-Willmes-Presse, Kiste für Kiste per Hand hineingekippt.
Der 900-Liter-Schwimmdeckel-Tank war gut halbvoll, und den hätte sich der schwarze Kater mit Sicherheit als nächstes Quartier ausgesucht, wäre er im Keller geblieben. Denn auch der Blauschiefer startete richtig durch, entschied sich dann aber, eine tolle halbtrockene Spätlese zu werden.
2001
Blauschiefer
Oberdiebacher Fürstenberg
Riesling Spätlese halbtrocken
11,5%

In der Nase intensive Mineralik, Schiefer (ach), reifes Steinobst, Reineclauden, ein bisschen kräutrig, ganz dezent honigsüßliche Noten.
Auf der Zunge saftig, fest, Pfirsich und Reineclaude, schönes Süße-Säure-Spiel, tolle Länge, ein Wein, der jetzt schon mal ein bisschen mit den Muskeln spielt und bestimmt eine tolle Entwicklung durchlaufen wird, wenn er nicht vorher schon ausgetrunken ist.
Und, das nur am Rande, für den Restaurantleiter des wunderbaren Kronenschlösschens, Helge Hagen, der Favorit unserer Kollektion.

Einen haben wir noch ... eigentlich noch vier, aber wir können ja bis drei zählen.
Unsere Weinberge haben nicht nur den wunderbaren Schieferboden, sie sind auch echt und richtig alt. 1954 gepflanzt, alte, knorrige Stöcke, die wenige, dafür aber hochkonzentrierte Trauben hervorbringen. Dank des wunderbaren goldenen Oktobers haben wir es gewagt, die letzten Trauben lange, lange hängen zu lassen. Reif waren sie im Prinzip schon vorher, aber je länger man die Ernte hinauszögern kann, desto besser entwickeln sich die Aromen in den Beeren - und gleichzeitig nimmt die Säure ab. Die Trauben für unser Glanzstück haben wir Ende Oktober gelesen, knapp 900 Kilo, gekeltert in den Tank gepumpt und schlicht und einfach gären lassen. Und hier hätte der schwarze Kater dann den Rest des Winters verbracht - Wort!

2011
Alte Reben
Oberdiebacher Fürstenberg
Riesling Spätlese trocken
12%

Schiefer. Kräuter. Pfirsich.
Süßliche Frucht. Straff. Schiefrig. Tief! Und dabei sehr elegant.
Das ist .. richtig gut, in aller Bescheidenheit.


Und das war Nummer drei, Drei, DREI!!!
Und weil wir uns jetzt DREI (ja!!! Ehrlich!) Jahre kennen und Du so wunderbare Küchenpartys schmeißt und Bücher schreibst und kochst und bloggst und postest wie der Teufel mit den drei goldenen Haaren, schenken wir zurück .... ein Dreierpack, das die Tage bei Euch dreintrudeln wird.

Geschenke für 3 Jahre Arthurs Tochter kocht